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Die Bedeutung universaler Werte

Der Philosoph Prof. Dr. Markus Gabriel erläutert, warum Unternehmen genau wie Gesellschaften gemeinsame Werte und eine von allen getragene Unternehmenskultur brauchen.

Wir stecken mitten in einer Wertekrise. In Teilen der Gesellschaft schwindet der Glaube an die universalen Werte, alte Gewissheiten werden hinterfragt. Doch gleiche Werte sind zentral für die Gesellschaft – und für Unternehmen. Ob gesellschaftliches Zusammenleben oder Kollaboration: Wir brauchen einander. Wir sind soziale Wesen, die sich auch gegenseitig korrigieren. Eine Gemeinschaft, deren Werte immer fundamental asymmetrisch sind, ist auf Dauer instabil. Das gilt im Großen wie im Kleinen.

Angriffe auf diese Idee von universalen Werten, allen voran den Menschenrechten, sind deshalb schlichtweg unvereinbar mit dem Fortbestand der menschlichen Gemeinschaft. Diese Angriffe kommen von den politischen Rändern. Wohin sie führen, zeigt der Blick auf totalitäre Gesellschaften. An die Stelle universaler Werte sind dort lokale und national geprägte Werte gerückt. Diese gelten per Definition nur für eine bestimmte Gruppe. Und schließen damit automatisch alle anderen aus.

Eine neue Aufklärung ist nötig

Es reicht nicht, dass demokratische Gesellschaften universale Werte – wie die Menschenrechte – in ihren Verfassungen verankert haben. Oder dass Unternehmen Leitwerte formulieren. Es muss auch besser gelingen, sie wirkungsvoll zu verbreiten. Wir brauchen eine neue Aufklärung.

Lassen Sie mich das im Großen wie im Kleinen begründen: Während wir in Deutschland, dem universalen Menschenrecht folgend, die Ungleichheit auf ein erträgliches Maß reduziert haben, nehmen wir in Kauf, dass unser Wohlstand in einer globalisierten Welt auf dem Unglück anderer basiert. Wir müssen daher den Weg zu einer globalen „Shared Economy“ finden, der unseren Wohlstand teilt. Paradoxerweise ist es ausgerechnet die Volksrepublik China, die heute massiv in Afrika investiert. Und damit droht ein diktatorisches Gesellschaftsmodell diejenigen Probleme zu lösen, an denen wir demokratische Rechtsstaaten bislang scheitern. So steigt das Risiko, dass wir in ihren Sog hineingeraten und unsere Demokratie dabei verlieren. Die historische Erinnerung muss uns eine Warnung sein.

Auch Unternehmen sind Gesellschaften

Wir führen hier keine verkopfte Diskussion: Das gilt für jedes soziale System. Auch für Unternehmen in der Wirtschaft. Sie sind nicht nur ihrer Rechtsform nach Gesellschaften, wie es GmbH und AG schon enthält. Auch Managementstrukturen sind eine Art der Regierungsform. Durch Machtausübung, Regelkreisläufe und Befehlsketten werden das Verhalten der Mitarbeiter beeinflusst und die Arbeitsteilung überschaubar gemacht. Das heißt, auch ein Unternehmen muss nach dem Modell der wechselseitigen Anerkennung agieren. Auf Korrekturkurs gehen und sein können. Eine Firma, deren Führung nicht kritisierbar und korrigierbar ist, wird früher oder später scheitern. Es kommt zum Aufstand durch die Mitarbeiter. Wie in einer Diktatur. Erfolgreiche Unternehmen füllen deshalb den universalen Wert der Gleichberechtigung mit Leben. Nicht umsonst sehen wir den Trend zur Arbeit der Zukunft mit Kollaboration, flachen Hierarchien und mehr.

Wir müssen uns klarer darüber werden, wie wichtig ein demokratischer Rechtsstaat ist. Wir brauchen eine neue Aufklärung über unsere gemeinsamen Werte und Werteansprüche. Um sie zu diskutieren und zu verbreiten, stehen uns im Zeitalter der Digitalisierung zahllose Werkzeuge zur Verfügung. Heute kann, dank digitaler Tools, jeder daran mitwirken. Lassen Sie uns also gemeinsam die Wege aus der Wertekrise finden.

Markus Gabriel wurde 2009 als jüngster Philosophieprofessor an die Universität Bonn berufen. In seinem neuen Bestseller „Der Sinn des Denkens“ zeigt er, dass Denken Teil der biologischen Sinne ist und nicht künstlich reproduziert werden kann.

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