Digitale bzw. datenbasierte Geschäftsmodelle sind dank IoT die Zukunft der deutschen Industrie. Das ist die logische Konsequenz der zunehmenden Digitalisierung im Mittelstand. Jedes Unternehmen verfügt über immer mehr Daten, die entweder speziell erhoben werden oder schlichtweg anfallen. So entstehen enorme Datenmengen, die für sich allein zunächst keinen besonderen Wert darstellen, aber enorme Potenziale bergen. Durch die geschickte Verknüpfung und richtige Verwertung werden sie zu einer wertvollen Ressource für neue, digitale, datenbasierte oder auch nur datengestützte Geschäftsmodellinnovationen. Dabei ergeben sich auch für mittelständische Unternehmen Optionen für neue Geschäftsfelder, Produktentwicklungen oder Serviceangebote.
Wieso der Mittelstand nur schwerfällig auf die Digitalisierung reagiert
Digitale Geschäftsmodelle werden in erster Linie durch stark technologieorientierte Start-ups wie zum Beispiel Softwareentwickler repräsentiert: Ihre Wertschöpfung erfolgt rein digital. Der Mittelstand ist traditionell eher in der Herstellung von physischen Produkten oder komplexen, arbeitsintensiven Dienstleistungen verwurzelt. Der damit verbundene Produktions- bzw. Arbeitsprozess ist kapital- und ressourcenintensiv. Außerdem sind KMUs oft weit weniger digitalisiert als Großunternehmen oder gar junge Technologieunternehmen. Damit stehen ihnen auch weniger Daten zur Verfügung. So erläutern es beispielsweise Bijedić/Hoffmann in ihrem Denkpapier „Digitale Geschäftsmodelle – Chancen und Herausforderungen für den Mittelstand“, herausgegeben vom IFM Bonn.
Stattdessen liegt der Schwerpunkt von Entwicklungen im Mittelstand eher auf Produkten oder Dienstleistungen und deren kontinuierlicher Verbesserung. Wenn überhaupt, spielen die aktive Verwendung von Daten oder gar datenbasierte Geschäftsmodelle eine eher untergeordnete Rolle, obwohl diese einen enormen Mehrwert bieten. Dieses Vorgehen hat sich für den Mittelstand bisher bewährt und wurde in der Vergangenheit durch stabile bzw. steigende Umsatzzahlen untermauert.
Gleichwohl gibt es eine Reihe von Unternehmen, die sich mit der Verwendung ihrer Daten auseinandersetzen und die Umsetzung in Produktinnovation und Dienstleistung verfolgen. Sie haben die Relevanz der Daten für ihre künftige Geschäftsentwicklung erkannt, agieren mit ersten Produkten proaktiv und agil auf die aktuellen Entwicklungen.
Digitale Geschäftsmodelle: KMUs und ihre Zukunft in der Industrie 4.0
Es muss nicht gleich die allumfassende, ausgereifte KI sein: Auch bei einem relativ geringen Datenbestand ergeben sich eine Reihe von Möglichkeiten, daraus neue Produkte und Dienstleistungen zu generieren und somit einen Mehrwert für Ihr Unternehmen zu schaffen. So sind beispielsweise Maschinenbauer in der Lage, ihre Maschinen mit entsprechenden Sensoren zu konfigurieren, mit deren Hilfe die Leistungsdaten der Maschine erfasst werden.
Das kann für verschiedene Branchen interessant sein. Man denke nur an Elemente innerhalb von Fertigungsstraßen, die so überwacht werden. Verschleiß oder Defekte durch Analysen frühzeitig zu erkennen und damit Wartungen besser zu planen und kostenintensive Stillstände zu vermeiden, stellen z. B. mögliche Ansätze für neue datenbasierte Dienstleistungen dar. Gleichzeitig bieten kontrollierte Maschinen möglicherweise neue Finanzierungs- und Nutzungsmodelle. Es ist durchaus denkbar, dass der Betreiber die Maschine nicht kauft, sondern einen Nutzungsvertrag abschließt. Laut des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gibt es verschiedene Möglichkeiten und Methoden, wie der Mittelstand die intelligente Vernetzung von Maschinen und Abläufen nutzen kann:
Flexible Produktion
Digital vernetzt können die einzelnen Produktionsschritte besser abgestimmt und die Auslastung der Maschinen besser geplant werden. Dadurch wird kosteneffizienteres Arbeiten ermöglicht. Ein Bäcker könnte seine Öfen und Kühlung digital vernetzen und per Smartphone fernsteuern. Dadurch kann z.B die Kerntemperatur der Brote digital gemessen und per Smartphone ggf. angepasst werden.
Kundenzentrierte Lösungen
Konsument und Produzent rücken näher zusammen. Die Kunden können selbst Produkte nach ihren Wünschen mitgestalten oder in Echtzeit verfolgen. Bleiben wir bei dem Bäcker-Beispiel: Kunden können auf der Website schauen, ob ein bestimmtes Brot noch vorhanden oder ausverkauft ist. Außerdem können sie sich über eine App ihr Wunschbrot selbst zusammenstellen. Ggf. könnte man in der App auch einen Lieferservice integrieren.
Optimierte Logistik durch die Verwertung von Daten
Wenn Kunden die gewünschten Backwaren über den Onlineshop oder die App bestellen, sorgt das für eine bessere Planbarkeit im Backbetrieb. Zeitgleich analysieren und generieren Sie Informationen über die Vorlieben der Kunden, sodass man diese an ihrem Geburtstag z. B. mit einem Gutschein für ihr Lieblingsbrot überraschen kann.
Jetzt ist Umdenken gefragt: der Transformationsprozess als ständiger Begleiter
Neue Geschäftsmodelle erfordern von allen Akteuren am Markt, sowohl vom Produzenten als auch vom Anwender neue Denkansätze. Aber es gibt keinen Zwang, direkt das gesamte Unternehmen auf datenbasierte Geschäftsmodellinnovationen umzubauen. Mischformen oder Hybride sind nicht nur theoretisch denkbar, sondern in der Praxis bereits vielfach umgesetzt.
So macht es für den Mittelstand Sinn, über den punktuellen Einsatz datenbasierter Geschäftsmodelle nachzudenken. Machen Sie sich klar, wie viele Daten im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung zwangsläufig anfallen. Was tun mit diesem Datenbestand? Wie können datenbasierte Analysen Ihrem Unternehmen von Nutzen sein? Betrachten Sie ihn als eine neue, stetig wachsende Ressource Ihres Unternehmens und setzen sie ihn auch so ein!
Mittelfristig stehen KMU nicht vor der Frage, ob sie auf datenbasierte Geschäftsmodelle setzen, sondern lediglich, zu welchem Zeitpunkt sie einsteigen wollen. Denn die Bedeutung der Daten wird weiter steigen. Das gilt auch für den datenbasierten Wertschöpfungsprozess. Noch ist das digitale oder datenbasierte Geschäftsmodell in der Findungsphase. Viele Akteure, vor allem junge Start-ups entwickeln verschiedene Varianten, mit denen sie scheitern oder Erfolge feiern. Doch was für sie die Basis ihrer Geschäftsidee ist, erfordert von KMU die strategische Planung eines Transformationsprozesses. Jeder Verantwortliche muss das Bewusstsein entwickeln, dass dieser Prozess nie wirklich abgeschlossen sein wird, sondern immer fortschreitet. Mitarbeiter müssen von Anfang an mit einbezogen werden, damit sie den Veränderungsprozess motiviert unterstützen. Der Blick auf den Markt und vor allem auf neue Technologien wird in Zukunft unverzichtbares Element des mittelständischen Erfolgs sein. So wird der Transformationsprozess ein ständiger Begleiter bei der Definition von Chancen und Herausforderungen des Mittelstandes.
Mittelstand der Zukunft: Eine Zusammenschluss aus Tradition und Innovation
Digitale Geschäftsmodelle sind der junge Bereich der Wirtschaftsgeschichte. Der Mittelstand dagegen ist bei aller Innovationskraft auch ein Synonym für Tradition und Geschichte. Deshalb sollten sich aber auch etablierte Mittelständler nicht scheuen, datenbasierte Produkte und Dienstleistungen zu planen, zu entwickeln und auch anzubieten.
Sie müssen sich aber im Vorfeld die Frage stellen, wie Ihr Unternehmen den größten Nutzen aus den erfassten Daten ziehen kann. Also in die Zukunft denken, auch wenn die Produzenten und Dienstleister selbst und nicht zuletzt auch deren Kunden diesen Ansätzen der Digitalisierung derzeit noch skeptisch oder gar misstrauisch gegenüberstehen. Jedes Unternehmen muss für sich klären, was getan werden muss, um diese Herausforderungen besser zu verstehen und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Mehr zu diesem Thema finden Sie beispielsweise in der Salesforce-Studie „Datenbasierte Maschinenauswertung für neue Geschäftsmodelle.“ Sie stellt einige interessante Ideen und Produktinnovationen vor.
Wer sich zu spät mit strategischen Überlegungen und den technologischen Grundlagen beschäftigt, geht ein entsprechendes Risiko ein. Denn die Gefahr, durch den innovations-freundlicheren Wettbewerber verdrängt zu werden, steigt.
Technologische Voraussetzungen für datenbasierte Geschäftsmodelle schaffen
Wenn Sie sich entschließen, Innovationskraft und Geld in digitale Geschäftsmodelle zu investieren, müssen Sie die entsprechenden Voraussetzungen schaffen. Dazu gehören technische Lösungen wie z. B. Analysetools und IoT-Plattformen, um technologisch ausgereifte Lösungen anzubieten.
Für einen erfolgreichen Einstieg in datenbasierte Geschäftsmodelle sind einige Grundregeln zu beachten: Identifizieren Sie die relevanten Daten für Ihr Vorhaben und sorgen Sie mit Ihrer IT-Abteilung dafür, dass sie in die existierenden Software-Anwendungen implementiert werden. Vergessen Sie nicht, Ihre Mitarbeiter von der neuen Strategie zu überzeugen. Schulen Sie das Personal frühzeitig. Bereiten Sie Ihre Mitarbeiter gut auf ihre neuen Aufgaben vor, denn es handelt sich um Neuland. Wenn Sie diesen Aspekt unterschätzen, besteht die Gefahr, dass sie die Neuausrichtungen eher hemmen als fördern.
Herausforderung Digitalisierung – den richtigen Zeitpunkt finden
Natürlich ist das ein Schritt, der den Mittelstand vor die altbekannten Herausforderungen bei der Entwicklung neuer Technologien stellt. Die finanziellen Mittel sind begrenzt, die Organisation nicht durchgehend digitalisiert. Nicht selten gibt es keine durchgängige Strategie und ungeklärte Rechtsfragen hemmen die Entwicklung. Außerdem fehlt es häufig auch noch an entsprechend qualifizierten Mitarbeitern und Vordenkern, die über den eigenen Tellerrand hinausschauen. Aber der Mittelstand hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er unter eben diesen Bedingungen erstaunliche Innovationen auf den Markt bringen kann und dort auch etabliert.
Dies auf den Bereich digitaler Geschäftsmodelle zu transferieren und proaktiv zu gestalten und hier durch innovative Produkte und Dienstleistungen umzusetzen, ist die Herausforderung für die erfolgreiche IT-Transformation der Unternehmensausrichtung und die strategische Aufgabe der kommenden Jahre. Dass der digitale Wandel in allen Bereichen fortschreiten wird, steht außer Frage. Schon Bijedić/Hoffmann weisen auf die Notwendigkeit hin, die datenbasierte Ausrichtung des Geschäftsmodells situationsgerecht und realistisch einzuschätzen. Es ist wichtig, den richtigen Zeitpunkt der aktiven Umsetzung nicht zu verpassen, um am Markt erfolgreich bestehen zu können.