Es lässt sich nicht leugnen, dass aus Corona der Brandbeschleuniger für eine vernetztere Welt geworden ist. Die Pandemie hat die Digitalisierung der Arbeitsabläufe, des Vertriebs oder der Kundeninteraktion in deutschen Unternehmen erheblich vorangetrieben. Den meisten ist klar: Stationärer Handel allein ist in der heutigen Zeit nicht mehr ausreichend, um am Markt bestehen zu können. Es ist sinnvoll verschiedene Kommunikations- und Absatzkanäle für sich zu nutzen, um neue Kundengruppen zu erschließen und steigenden Kundenerwartungen gerecht zu werden. Von zentraler Bedeutung dabei für den Handel: die beiden Ansätze des Multichannel- und Omnichannel-Retailing.
Multichannel vs. Omnichannel – Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Mit der Welle der Digitalisierung gewinnen auch die Begriffe Multichannel- und Omnichannel-Retailing an Popularität. Multichannel-Retail, Handel über Mehrkanalsysteme, bedeutet, dass Produkte oder Dienstleistungen über unterschiedliche Channel, bzw. Kanäle vertrieben werden. Beispielsweise wird Kleidung sowohl im stationären Handel, als auch im Webshop verkauft. Der Unterschied zum Omnichannel-Retail liegt in der Vernetzung. Bei dem Wort „omni“ (lateinisch für „alles“) könnte man auf die Idee kommen, dass Omnichannel für die Nutzung sämtlicher Kommunikations- und Absatzkanäle steht – das ist jedoch nicht der Fall. Im Gegensatz zum Multichannel-Retail meint die Omnichannel Strategie lediglich, dass bei den verschiedenen, gleichzeitig genutzten Kanälen Informationen untereinander ausgetauscht werden. Die Absatzkanäle sind also untereinander vernetzt. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass ein Kunde vor seinem Besuch im Ladengeschäft alle Kleidungsstücke in der App reserviert, um sie danach vor Ort zum Anprobieren überreicht zu bekommen Ein weiteres Beispiel wäre die Vorbereitung von Lebensmitteln, bevor man diese dann vor Ort abholt. Omnichannel-Retail ist also nichts anderes als eine vernetzte Multichannel-Strategie.
Eine solcher Ansatz ist für den Kunden in der Regel sehr komfortabel, weil er seinen Einkauf als unkompliziert, vernetzt und nahtlos wahrnimmt. Omnichannel hat damit also das Potential, die Kundenzufriedenheit zu steigern. Die Implementierung eines Omnichannel-Systems ist allerdings aus IT-Sicht nicht ganz einfach, denn es erfordert einiges an Arbeit und Know-how, um eine nahtlose Kundenerfahrung zu schaffen. Aus diesem Grund ist Omnichannel-Retailing weniger weit verbreitet und bleibt aktuell tendenziell größeren Handelsunternehmen vorbehalten. Aber lohnt es sich, sich dieser Herausforderung anzunehmen?
Multichannel-Retailing – Vor- und Nachteile
Der Multichannel-Ansatz ist im Gegensatz zur Omnichannel-Strategie technisch einfacher umzusetzen. Vorteil: Ihr Kunde kann über mehrere Vertriebskanäle mit einem Unternehmen kommunizieren und Produkte und Dienstleistungen erwerben. Nachteil: Diese Kanäle tauschen keine Informationen untereinander aus. Dadurch bleiben wertvolle Informationen möglicherweise auf der Strecke. Trotzdem ist auch der Multichannel-Ansatz deutlich effizienter gegenüber der Nutzung eines einzigen Channels (Single-Channel). So kann es sein, dass ein zusätzlicher Channel bzw. Kanal eine ganz neue Kundengruppe für das Unternehmen erschließt, die mit den alten Kanälen kaum zu erreichen war.
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Wie lässt sich Multichannel-Retailing optimal gestalten?
Beschäftigen Sie sich genauer mit der Qualität der individuellen Kanäle und versuchen Sie, diese stets zu gewährleisten. Außerdem können die Absatzkanäle gegebenenfalls erweitert werden. Multichannel muss nicht immer nur die Kombination aus stationärem Handel und Webshop sein. Ein aktueller Trend unter den Vertriebskanälen nennt sich beispielsweise „Social Commerce“: Gemeint ist damit der Vertrieb von Produkten über die Sozialen Medien. Marken Ihres Handelsunternehmens können dank Ihrer Social-Media-Reichweite nicht nur wesentlich mehr Neukunden gewinnen, sondern das Einkaufserlebnis auch so unkompliziert gestalten wie nie zuvor. Beispielsweise sind Kunden durch Social Commerce bei Instagram im wahrsten Sinne des Wortes nur einen Klick vom Einkauf entfernt. Unternehmen haben die Möglichkeit, Beiträge mit Produktmarkierungen zu posten – Nutzer müssen nur auf das Bild klicken, um auf die entsprechende Vertriebsseite zu gelangen. Außerdem integrieren Social-Media-Plattformen sogar immer mehr E-Commerce-Funktionen direkt auf ihrer Plattform. Ein Beispiel dafür ist die Checkout-Funktion bei Instagram, für die aktuell ein Beta-Test in den USA läuft. Nutzer können durch diese Commerce-Funktion ihre Zahlungsinformationen in der App hinterlegen und direkt auf der Plattform bezahlen, statt zum Browser wechseln zu müssen. Damit ist es möglich, einen Kauf schnell und sicher zu tätigen, ohne sich vorher anmelden oder Daten mehrfach eingeben zu müssen. Durch diese Leichtigkeit ein Produkt zu erwerben, steigt die Motivation zum Kauf.
Wie bereits erwähnt, ist ein großer Vorteil der Multichannel-Strategie, dass verschiedene Kundengruppen angesprochen werden, die sich nicht zwangsläufig überlappen müssen. In der Realität kann es jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Überschneidung der Kundengruppen kommen. So kann es sein, dass ein Kunde auf allen Kanälen, die ein Unternehmen anbietet, ansprechbar ist. Stößt dieser Kunde jedoch auf einen Kanal mit niedriger Qualität, sinkt seine Zufriedenheit und er entscheidet sich ggf. gegen einen Kauf. Daher ist es wichtig, die Qualität der verschiedenen Kanäle gleichmäßig und hochwertig zu halten, damit ein Absprung des Kunden vermieden werden kann. Die folgenden 5 Tipps verhelfen zu einem optimalen Multichannel-Retailing.
5 Tipps für ein optimales Multichannel-Retailing
Um Multichannel-Retailing zu optimieren, müssen alle verwendeten Kanäle beachtet werden – folgende Aspekte sind dafür wichtig:
1. Jeden Kanal optimieren
Anders als beim Omnichannel-Ansatz steht der einzelne Kanal beim Multichannel im Vordergrund. Die wichtigste Aufgabe des Vertriebs und des Marketings ist es also, die einzelnen Kanäle für sich zu analysieren und effektiv zu implementieren. So wird jeder Kanal optimiert und auf die anderen Kanäle abgestimmt. Wichtig ist hier: Es heißt zwar Multichannel, Qualität geht aber trotzdem vor Quantität.
2. Klare Zielgruppe und klares Konzept für jeden Kanal
Zu einem produktiven Kanal gehören auch immer eine klare Zielgruppe und ein klares Konzept, wie diese angesprochen werden soll. Kanal, Zielgruppe und Strategie: Diese 3 Faktoren bilden somit das A und O des Multichannel-Ansatzes. Die Kanäle unterscheiden sich untereinander darin, welche Zielgruppen sie ansprechen. Dabei ist es wichtig, dass die verschiedenen Kanäle sich mit ihrem Konzept und ihrer Strategie dann den bestimmten Zielgruppen anpassen. Heißt im Klartext: Zunächst sollte analysiert werden, welche Zielgruppe auf welchem Kanal angesprochen werden kann und durch welche Strategie diese Zielgruppe am besten erreicht wird.
3. Customer Journey anpassen
Kunden können sich, je nach Kanal, möglicherweise auf verschiedenen Stufen der Customer Journey befinden. Das sollte in Ihrer Kommunikation mit Ihrem Kunden bedacht werden. Wer zum Beispiel bei Social-Media über eine Produktwerbung stolpert, der hat vorher möglicherweise noch nie davon gehört. Im Onlineshop oder am Point-of-Sale weiß der Kunde ggf. schon ganz genau, welche Art von Produkt er aus dem Sortiment kaufen will und macht sich nur noch Gedanken über die Feinheiten. Vielleicht besucht ein User aber auch Ihre sozialen Kanäle, um im After-Sales-Prozess Fragen zum Produkt zu stellen oder Feedback zu geben. Nutzen Sie diesen Umstand für sich und passen Sie die verschiedenen Kanäle dementsprechend an.
4. Synergien zwischen den Kanälen nutzen
Die Kanäle müssen sich natürlich nicht vollkommen unterscheiden. Informationen, die für einen Kanal genutzt werden, lassen sich möglicherweise auch gut für den Vertrieb und das Marketing in anderen Kanälen übertragen und nutzen. So können etwa Informationen aus dem persönlichen Gespräch in einem personalisierten Kundenmailing aufgegriffen werden. Die Grenzen zur Omnichannel-Strategie im Handel sind, wie man hier sieht, fließend!
5. Kanäle durchlässig gestalten
Versuchen Sie Stück für Stück den Kunden das Wechseln zwischen den Kanälen zu ermöglichen und zu erleichtern. Sie verbessern damit das Kundenerlebnis und machen so erste Schritte in Richtung einer Omnichannel-Strategie.
Multichannel-Retailing: Eine gute Option
Auch wenn das Omnichannel-Retailing die fortgeschrittenere Methode darstellt, ist Multichannel bis heute unter Handelsunternehmen weiter verbreitet, nicht zuletzt weil es einfacher umsetzbar ist. Es gibt jedoch auch Gründe, sich bewusst gegen das Omnichannel-Retailing zu entscheiden, z. B. weil der Vorteil für Ihr Unternehmen zu klein wäre, um die Investition zur Umstellung auf Omnichannel-Retailing zu rechtfertigen oder weil Sie bewusst verschiedene Zielgruppen über verschiedene Kanäle ansprechen – wie immer gilt: Es gibt keine one-fits-all-Lösung.
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