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Wie man einen Request for Proposal schreibt: am besten gar nicht!

Wie man einen guten RFP schreibt – am besten gar nicht!

Sie machen Ausschreibungen? Unser Kollege Fabian Müßig sagt Ihnen, warum ein RFP die falsche Wahl ist.

Sie wollen Ihr Unternehmen digital transformieren? Die Auswahl der richtigen Partner für benötigte Technologien und die damit verbundene Implementierung sind strategische Investitionen, die gut überlegt sein wollen. Die Kernfrage lautet daher: Wie findet man einen geeigneten Partner, der einen auf diesem Weg mit größtmöglichem Erfolg und gleichzeitig geringstmöglichem Kostenaufwand und Risiko begleitet? Die Antwort ist denkbar einfach. Suchen Sie das Gespräch mit gezielt vorselektierten Anbietern. Sprechen Sie offen über Ihre Ziele. Lassen Sie sich von den Anbietern beraten, wie Sie diese Ziele gemeinsam erreichen können.In der Realität wird allerdings oft ein anderer Weg gewählt: Eine Ausschreibung – auch Request for Proposal (RFP) genannt. Fragt man bei den Unternehmen gezielt nach, warum gerade die Ausschreibung das Mittel der Wahl sein soll, erhält man in zahlreichen Fällen die lapidare Antwort: „Das haben wir schon immer so gemacht.“ Natürlich stecken auch nachvollziehbare Beweggründe hinter der Durchführung einer Ausschreibung. Man möchte den besten Anbieter zum günstigsten Preis finden und dabei das Risiko des Scheiterns des Projekts minimieren. Dennoch ist ein klassisches Ausschreibungsverfahren häufig Zeitverschwendung für alle Beteiligten und kann unter Umständen sogar Ihr Projekt gefährden, bevor es überhaupt gestartet ist. Hiervon ausgenommen sind selbstredend Branchen, in denen eine gesetzliche Ausschreibungspflicht besteht.

Warum ist das Schreiben von RFPs häufig reine Zeitverschwendung?

  1. Sie gehen davon aus, Ihre Bedürfnisse bereits zu kennen. Vermutlich haben Sie ein strategisches Ziel vor Augen wie beispielsweise die digitale Transformation bestimmter Geschäftseinheiten. Der RFP bricht diese Themen auf limitierte Anwendungsfälle oder gar eine Liste von kleinteiligen Funktionalitäten herunter. Die Anforderungen und Wünsche kommen von Nutzern, die davon ausgehen, ihre Bedürfnisse bereits zu kennen. Die ursprünglichen Ziele treten hierbei immer weiter in den Hintergrund. Tatsächlich lässt sich Ihr spezieller Bedarf oftmals erst im Laufe des gemeinsamen Arbeitsprozesses entwickeln. Warum also sollten Sie die Kompetenz der Anbieter außen vor lassen? Möchten Sie mit Hilfe des RFPs lediglich einen Dienstleister finden, der allgemeinübliche Anforderungen abarbeitet, ohne diese zu hinterfragen? Was ist aus Ihrem Plan geworden, innovativ zu sein? Was ist mit all den ungeahnten Ansätzen und Ideen, die innovative Partner bieten, um die gesteckten Ziele auf völlig andere – unter Umständen viel bessere – Art und Weise zu erreichen? Die wirklichen Mehrwerte, die strategische Partner Ihnen bieten, lassen Sie durch die Ausschreibung letztlich vollkommen ungenutzt.
  2. Starke Lieferanten haben kein Interesse, an Ihrer Ausschreibung teilzunehmen. Hinzu kommt, dass marktführende Vendoren oftmals kein Interesse zeigen werden, an Ihrer Ausschreibung teilzunehmen – sofern diese nicht ausnahmsweise im Entstehungsprozess der Ausschreibung mitgewirkt haben. Die Teilnahme an einer klassischen Ausschreibung kostet nämlich viel Zeit und Ressourcen (für die am Ende übrigens immer Sie zahlen). Führende Anbieter sind sich über diese Nachteile im Klaren und investieren eher in Projekte, in denen Sie sich aktiv einbringen können. Immer mehr Unternehmen verzichten daher kategorisch auf die Teilnahme an Ausschreibungsprozessen. Sie erhalten demzufolge eine Auswahl an Angeboten von Unternehmen, die auf Ihren Zuschlag angewiesen sind, um überhaupt am Markt bestehen zu können. Es liegt auf der Hand, dass dies inhaltlich nicht die besten Angebote sein werden. Die Ergebnisse sind somit stark verzerrt und helfen Ihnen letztendlich nicht, den passenden strategischen Partner für Ihre speziellen Bedürfnisse zu finden.
  3. Für agile Vorgehensweisen ungeeignet. Eine herkömmliche Ausschreibung umfasst den kompletten Projektumfang, einschließlich Zeitplan und Budgetumfang. Demzufolge werden Zeitplan und Budgetplanung aufgestellt, bevor überhaupt ein Anbieter Ihre Anforderungen analysiert und den von ihm empfohlenen Lösungsvorschlag vorgestellt hat. Die Ausschreibung setzt somit ein Vorgehen im Wasserfallmodell voraus. Alles wird zu Beginn definiert und dann schnellstmöglich umgesetzt. Das wäre großartig, wenn Sie heute schon ganz genau wüssten, was Sie in einem Jahr benötigen. In unserer schnelllebigen Welt sind Sie jedoch vielfach mit einer agilen Methodik beziehungsweise Mischformen besser bedient. In agilen Projekten können Sie permanent Ihren Kurs korrigieren und Ihr übergeordnetes Ziel mit Zuversicht ansteuern. Nur so erhalten Sie Ergebnisse, die stets Ihrer derzeitigen Markt- und Unternehmenssituation angepasst sind. Auch von aktuellen Produkt- und Technologieinnovationen können Sie nur profitieren, wenn Sie sich eine gewisse Flexibilität erlauben. All das bietet ein RFP nicht einmal ansatzweise. Übrigens: Selbst wenn Ihr Projekt scheitern sollte, wird Sie ein Verweis auf das RFP-Dokument nicht retten. Haben Sie den günstigsten Anbieter gewählt und konnte dieser Ihre Anforderungen nicht umsetzen, ist niemandem geholfen. Durch den Ausschreibungsprozess ist feinsäuberlich dokumentiert, wie viel das Projekt kosten und wie lange es dauern sollte. Nur waren diese Zahlen von Beginn an aus der Luft gegriffen und wurden nicht auf einem gemeinsamen Verständnis von Kunde und Anbieter entwickelt.

Was sollten Sie stattdessen tun?

Schlussendlich einige Ratschläge, wie Sie erfolgreich Ihr Ziel erreichen, ohne Ihre Zeit und die der Vendoren mit der Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens zu verschwenden.

Suchen Sie das persönliche Gespräch mit den Anbietern

Recherchieren Sie vorab und treffen Sie eine Vorselektion an Vendoren. Greifen Sie zum Hörer und suchen Sie das persönliche Gespräch mit den Anbietern. In einem 60-minütigen Telefonat mit guten Anbietern können Sie viel übereinander erfahren und erhalten bereits wertvolle Inputs für die weitere Vorgehensweise sowie mögliche Lösungsansätze. Fordern Sie im nächsten Schritt Workshops und persönliche Treffen mit den Personen, die im Projekt mitarbeiten werden. Die Anbieter bekommen so die Chance, ihre kreativen Lösungsansätze vorzustellen. Hier geht es nicht allein um Inhalte. Der Faktor „Mensch“ spielt beim Projekterfolg eine entscheidende Rolle und sollte nicht unterschätzt werden. Sie bekommen vorab ein Gefühl, ob die Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Anbieter harmonisieren könnte.

Fokussieren Sie sich auf den angestrebten Nutzen

Was ist das übergeordnete Ziel Ihres Projektes? Die Investition in ein Technologieprojekt ist kein Selbstzweck. Über die angestrebten geschäftlichen Mehrwerte sollten Sie sich im Klaren sein. Auch hier können Sie sich von den Anbietern unterstützen lassen und gemeinsam Klarheit schaffen. Teilen Sie Ihre Vision mit den Anbietern Ihrer Wahl. Lassen Sie sich inspirieren und entwickeln Sie gemeinsam eine Strategie für die Umsetzung. Sprechen Sie außerdem rechtzeitig über Ihr geplantes Budget. Lassen Sie den jeweiligen Anbieter nach den ersten Gesprächen oder Workshops eine Einschätzung treffen, ob Ihre Vorstellung realistisch ist. So können Sie vermeiden, dass beide Seiten ihre wertvolle Zeit sinnlos vergeuden.

Fordern Sie Referenzen ein

Fragen Sie nach mindestens drei erfolgreichen Kundenreferenzen. Diese Kunden sollten selbstverständlich zu einem Gespräch mit Ihnen bereit sein. Die Referenzen sollten bestenfalls aus Ihrer Branche kommen. Aber auch das Gespräch mit Unternehmen aus anderen Branchen, die bereits ähnliche Herausforderungen gemeistert haben, kann eine große Bereicherung für Sie sein. Die empfohlene Vorgehensweise führt zwar zunächst zu einem höheren Arbeitsaufwand, dann aber zu besseren Projektergebnissen. Davon profitieren letzten Endes Sie als Kunde.

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