Große Unternehmen und KMU quer durch alle Branchen profitieren von Robotic Process Automation (RPA). Abteilungsübergreifend gibt es eine Menge zeitintensiver Routineaufgaben, die Mitarbeiter:innen wenig Freude bereiten und die RPA-Bots schneller, akkurater und kosteneffizienter abwickeln. Das Automatisierungspotenzial ist hoch, der Bedarf ist da und der Mehrwert einer RPA-Lösung ist offensichtlich. Als nicht-invasive Low-Code-Technologie verspricht RPA zudem eine zügige Implementierung und schnelle Ergebnisse.
Prozesse automatisieren: definitiv ja. Aber welche? Was ist ein RPA-Prozess? Vor der Prozessautomatisierung steht die Prozessanalyse. Wie und wo Sie potenzielle RPA-Prozesse in Ihrem Unternehmen identifizieren und durch die richtige Prozessauswahl maximalen Mehrwert aus Ihrem RPA-Invest schöpfen – in 3 Schritten:
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Pre-Check: Automatisierungsbedarf in den Fachbereichen
Ihre Automation Journey beginnt mit einem Gang durch die Fachabteilungen auf der Suche nach möglichen RPA Use Cases. Diese Definition können Sie mitnehmen:
Das sind all die zeitintensiven und oft fristgebundenen Aufgaben, die Ihre qualifizierten Mitarbeiter langweilen oder stressen. Die fehleranfällig sind und nachbearbeitet werden müssen. Die zu viel kosten, wertvolle Ressourcen in Ihrem Unternehmen binden und wertschöpfende Aktivitäten blockieren. Erkundigen Sie sich in den verschiedenen Fachbereichen nach solchen Aufgaben – und Sie werden garantiert fündig. Beispiele:
- Ihren HR-Mitarbeiter:innen bleibt nach Abzug von Lohn- und Gehaltsabrechnung, Zeiterfassung, Personalaktenführung und organisatorischen Aufgaben im Rahmen von Recruiting, On- und Offboarding kaum noch Zeit für Führungsberatung und Personalentwicklung.
- Einkauf und Finanzen stecken knietief im operativen Tagesgeschäft mit Vergleichen von Lieferantenkonditionen, Schreiben von Angeboten, Rechnungsbuchung oder Erstellen von Reports – da bleibt keine Zeit für strategische Planung.
- Die Kolleg:innen in Vertrieb und Service sollen absolut kund:innenorientiert agieren, verbringen aber einen Großteil ihrer Interaktionen mit dem Abrufen und Abgleichen von Daten aus CRM-Historien, Lagerbeständen, Rechnungen – das Gegenüber hängt in der Warteschleife.
- Ihr IT-Team soll zwar mit innovativen Lösungen Ihr Business vorantreiben, ist aber ganztägig mit der Vergabe von Passwörtern, Softwareinstallationen oder dem Aufspielen von Patches in der klassischen Admin-Rolle unterwegs.
Sie sehen: Bedarf nach Prozessautomatisierung ist potenziell überall vorhanden. Also schnell eine RPA-Lösung implementieren und die Bots die Arbeit Ihrer Mitarbeiter:innen erledigen lassen? Eine naheliegende Idee, aber ein suboptimaler Ansatz. Wichtig ist, dass Sie nach dieser ersten Bestandsaufnahme ein Gefühl für den Umfang und die Charakteristika der zeitraubenden Tasks gewonnen haben, die Ihre qualifizierte Belegschaft von spannenden und wichtigen Aufgaben abhalten, dass Sie also die übergeordnete Problematik konkret erfassen. Und jetzt geht es weiter – und zwar planvoll.
Business-Prozesse dokumentieren, modellieren, optimieren
Unternehmensprozesse werden häufig nicht strategisch top-down implementiert. Vielmehr entstehen sie eher organisch im Tagesgeschäft und wuchern oft jahrelang wild vor sich hin. Gerade die Fachbereiche, die RPA-Projekte gerne anstoßen, pflegen oft zahlreiche hochindividuelle und bewährte, aber oft wenig effiziente Arbeitsabläufe.
„Wenn Sie einen Scheißprozess digitalisieren, dann haben Sie einen scheiß digitalen Prozess.“ Nehmen Sie dieses populäre Statement, ersetzen Sie „digitalisieren“ durch „automatisieren“ und die Gleichung stimmt immer noch. RPA-Initiativen, die umstandslos auf die bestehende Prozesslandschaft aufsetzen, schöpfen das betriebswirtschaftliche Potenzial der Technologie nicht aus:
Auch wenn Sie bereits vielversprechendes Automatisierungspotenzial in Ihrem Unternehmen entdeckt haben und am liebsten sofort mit RPA starten würden, sollten Sie erst einmal einen Gang runterschalten. Treten Sie einen bewussten Schritt zurück und nutzen Sie die Einführung von RPA als Chance für ein Re-Engineering Ihrer Prozesse:
Bestandsaufnahme: Ist-Prozesse dokumentieren
Führen Sie als Basis für die spätere Optimierung zunächst eine Bestandsaufnahme der aktuellen Prozesslandschaft durch. Dabei werden Sie höchstwahrscheinlich feststellen, dass keine (konsistente) Dokumentation vorhanden ist. Manchmal existieren dezentral verstreut einzelne Arbeitsablaufsbeschreibungen in Schubladen oder digitalen Foldern, in Word, in Excel, in Visio, als Freitextbeschreibung, als Klickstrecke – und häufig sind sie bereits veraltet. In der Regel befindet sich das aktuelle Prozesswissen in den Köpfen Ihrer Mitarbeiter:innen.
Bringen Sie dieses Wissen ans Tageslicht: Drehen Sie eine weitere Runde durch Ihr Unternehmen; ermitteln Sie in Zusammenarbeit mit Führungskräften und Belegschaft, wie die Businessprozesse in Ihrer Organisation tatsächlich ausgeführt werden. Dokumentieren Sie die Abläufe in Ihrem Unternehmen auf 3 Ebenen:
Kernprozesse umfassen alle Tätigkeiten, die unmittelbar zur Wertschöpfung beitragen: die Herstellung eines Produkts oder die Erbringung einer Dienstleistung. Sie erstrecken sich in der Regel über mehrere Abteilungen. Beispiel: Der Order-to-Cash-Prozess reicht von der Kundenanfrage bis zur Zahlungsbuchung und betrifft Vertrieb, Lagerhaltung, Produktion, Versand und Buchhaltung.
- Bilden Sie z. B. in einem Workshop mit den abteilungsleitenden Führungskräften eine High-Level-Sicht auf den Kernprozess ab.
Unterstützende Prozesse sind Teilprozesse des Kernprozesses und typischerweise abteilungsbezogen, z. B. die Reklamation im Service oder die Rechnungsstellung in der Buchhaltung.
- Erfassen Sie in Workshops mit Abteilungsleiter:innen und Teams alle abteilungsspezifischen Teilprozesse und beschreiben Sie den logischen Ablauf der Prozessschritte in abstrahierender, nicht detaillierter Form, z. B. Bestätigung Warenversand > Rechnung erstellen > Rechnung versenden > Zahlungseingang prüfen und buchen.
Tasks: Betrachten Sie nun jeden einzelnen Schritt eines Teilprozesses, z. B. Rechnung erstellen, im Detail. Sie zoomen jetzt von der eher abstrakten Prozesslogik in die „Task“-Ebene, auf der Menschen konkrete manuelle Aufgaben ausführen, die RPA-Bots zukünftig je nach Automatisierbarkeit übernehmen können.
- Erfassen Sie über Fragebögen oder 1:1-Mitarbeiter:inneninterviews die konkrete und detaillierte Abfolge der analogen oder digitalen Tätigkeiten, die Mitarbeiter:innen zur Erledigung eines Prozessschritts durchführen müssen. Dokumentieren Sie im Hinblick auf eine mögliche Automatisierung durch RPA-Bots neben den benötigten digitalen Anwendungen auch die Dauer und Häufigkeit der Tätigkeiten, um mögliches Einsparpotenzial zu quantifizieren.
Workflow-Visualisierung: Business-Prozesse modellieren
Visualisieren Sie die übergeordneten Gesamtprozesse und die zugeordneten Teilprozesse. Verwenden Sie den Notationsstandard Business Process Model Notation (BPMN) 2.0. BPMN modelliert Prozesse als grafisches Flussdiagramm und hilft, die Prozesslogik einschließlich der beteiligten Akteure, Ressourcen, Abhängigkeiten und Aktivitäten nachvollziehbar zu visualisieren.
Analyse und Rework: Business-Prozesse optimieren
Die dokumentierten Ist-Prozesse sind der Ausgangspunkt für das Aufdecken von Optimierungspotenzialen und das Beseitigen technischer, betriebswirtschaftlicher oder organisatorischer Schwachstellen. Die angestrebten Soll-Prozesse sollen Unternehmensziele mit schnellen Durchlaufzeiten und geringen Kosten maximal effizient erreichen. Nehmen Sie die Ist-Prozesse unter folgenden Gesichtspunkten unter die Lupe:
- Reduktion: Sind alle Aufgaben im Prozess zwingend notwendig?
- Vereinfachung: Können Aufgaben auf einfachere Weise erledigt werden?
- Standardisierung: Gibt es ein einheitliches Verfahren für die Bearbeitung bestimmter Aufgaben?
Reduktion, Vereinfachung und Standardisierung können die Prozesseffizienz bereits erheblich steigern und die Prozesskosten effektiv senken. Zudem ebnen optimierte Prozesse den Weg zu profitablen, nachhaltigen und skalierbaren RPA-Projekten. Wenn es Ihnen an professionellen Ressourcen für eine vorbereitende Prozessoptimierung fehlt, kann es sich lohnen, eine externe Prozessberatung hinzuzuziehen.
RPA-Prozesse identifizieren: die wichtigsten Kriterien
Die vorläufige Prozessoptimierung ist abgeschlossen und die Zielprozesse stehen fest. Sie können nun prüfen, ob sich einzelne Aufgaben für eine Automatisierung mit RPA eignen.
Betrachten Sie dazu die möglichen Anwendungsfälle aus zwei Perspektiven: Erstens aus technologischer oder prozesslogischer Sicht: Kann diese Aufgabe automatisiert werden? Zweitens aus betriebswirtschaftlicher Sicht: Lohnt es sich, diese Aufgabe zu automatisieren? Es gibt eine Reihe von Kriterien, auf die Sie sich bei Ihrer Evaluierung stützen können:
Kriterien für RPA-Prozesse I: Automatisierbarkeit
Digitale Dateneingabe. RPA-Bots arbeiten auf grafischen Benutzeroberflächen digitaler Anwendungen. Nur Aufgaben, die Ihre Mitarbeiter manuell am PC erledigen, können mit RPA automatisiert werden. Identifizieren Sie die verbleibenden papierbasierten Aufgaben in Ihren Prozessen und digitalisieren Sie diese. Erstellen Sie zum Beispiel Angebote und Verträge mit digitalen Unterschriften statt handschriftlichen. Erfassen Sie Protokolle und Besprechungsnotizen digital. Führen Sie elektronische Mitarbeiterakten und digitalisieren Sie Arbeitszeiterfassung und Urlaubsanträge. Und wenn Sie Ihre Kunden auch auf dem analogen Postweg erreichen wollen – nutzen Sie den elektronischen Briefversand.
Strukturierte und standardisierte Dateneingabe. Je einheitlicher die zu verarbeitenden Daten formatiert sind, desto einfacher ist es, einen passenden RPA-Bot zu entwickeln. Wenn Sie also zum Beispiel die Bearbeitung typischer Kundendienstanfragen automatisieren wollen, bieten Sie Ihren Kunden entsprechende Webformulare mit standardisierten Feldern und vordefinierten Eingabewerten an. Auf diese Weise erzwingen Sie eine strukturierte Dateneingabe, die ein RPA-Bot besser verarbeiten kann als eine übliche unstrukturierte Kommunikation per E-Mail.
Definierter Prozess-Trigger. Es sollte einen klaren digitalen Auslöser geben, um den RPA-Prozess selbstständig zu starten. Zum Beispiel informiert eine E-Mail über den erfolgreichen Versand von Waren an den Kunden und löst damit die automatische Rechnungsstellung aus.
Stabilität der digitalen Systeme. Automatisieren Sie Prozesse in Systemen, die sich in absehbarer Zeit nicht ändern werden. Es sollten also keine neuen Anwendungen in den Prozess eingeführt oder Änderungen an der Benutzeroberfläche bestehender Anwendungen vorgenommen werden. Jede Änderung erfordert eine Neuentwicklung oder Anpassung der RPA-Bots.
Stabilität der Prozesse. Der Prozessablauf sollte bereits so optimiert sein, dass in naher Zukunft keine Änderungen am Ablauf und die damit verbundenen Anpassungen an den RPA-Bots vorgenommen werden müssen. Deshalb ist eine vorherige Prozessoptimierung wichtig.
Regelbasierte Prozesse. Prozesse müssen klaren logischen Regeln und Entscheidungsbäumen folgen (wenn x, dann y). Dennoch können einige Prozessschritte übrig bleiben, für die keine klaren Regeln definiert werden können und die menschliches Urteilsvermögen erfordern. Diese kann der Bot als „menschliche Aufgaben“ an Mitarbeiter zur manuellen Bearbeitung delegieren. In der Folge automatisiert der „attended bot“ den Prozess weiter.
Standardprozesse mit wenigen Prozessvarianten. Jede Prozessvariante erfordert zusätzlichen Aufwand für die Bot-Entwicklung. Wählen Sie daher für die Automatisierung Standardprozesse mit einem möglichst geringen Anteil an Sonderfällen. Oder automatisieren Sie nur den „Happy Path“ und übergeben Sie Prozessvarianten an die manuelle Bearbeitung.
Kriterien für RPA-Prozesse II: Rentabilität
Hoher manueller Aufwand. Ein grundlegendes Auswahlkriterium für RPA-Kandidaten ist ein hoher manueller Aufwand bei der Bearbeitung der Aufgabe, z. B. die Aggregation von Daten aus mehreren Systemen zur Erstellung eines Berichts. Genügt ein Klick, um diese Aufgabe zu erledigen, ist das Einsparpotenzial durch Automatisierung eher gering.
Wiederholungscharakter. Ein weiterer Indikator für die Rentabilität ist die Häufigkeit oder Wiederholung der Prozessausführung. Wiederkehrende Routineaufgaben, die täglich oder wöchentlich durchgeführt werden müssen, sollten auf jeden Fall in Erwägung gezogen werden.
Prozessvolumen. Manche Prozesse fallen seltener an, verursachen aber regelmäßig ein hohes Arbeitsaufkommen in den Fachabteilungen, z.B. die monatliche Gehaltsabrechnung im Personalwesen, der Jahresabschluss in der Finanzbuchhaltung oder das hohe Bestellaufkommen in der Weihnachtszeit. RPA kann solche temporären Arbeitsspitzen abfedern.
Prozesskosten vs. RPA-Kosten. Ermitteln Sie auf Basis der Bearbeitungszeiten von Aufgaben und der Stundensätze Ihrer Mitarbeiter die tatsächlichen Prozesskosten und damit das Einsparpotenzial. Vergleichen Sie diese Zahlen mit den Kosten für RPA, d. h. den Initialkosten für die Bot-Entwicklung und den laufenden Kosten für Wartung und Lizenzgebühren. Wenn das Einsparpotenzial die initialen und laufenden RPA-Kosten sofort oder in absehbarer Zeit übersteigt, lohnt sich die Automatisierung.
RPA-Prozesse qualifizieren mit MuleSoft RPA
Nur auf der Grundlage einer sauberen Prozessdokumentation und eines gründlichen Prozess-Assessments können Sie das volle Potenzial von RPA ausschöpfen und eine skalierbare Automatisierungslandschaft in Ihrem Unternehmen aufbauen. Als ganzheitliche Automatisierungslösung integriert MuleSoft RPA den gesamten RPA-Lebenszyklus, einschließlich der Prozessbewertung und Prozessmodellierung in BPMN 2.0.
RPA-Prozesse bewerten
Anhand der manuellen Prozesskosten, der Dauer und Häufigkeit der Ausführung sowie der technischen Automatisierbarkeit wird die RPA-Fähigkeit der Prozesse eingestuft.
Bewertete Prozesse werden in einer RPA-Pipeline priorisiert und in Form einer Liste und einer Heatmap-Ansicht dargestellt.
RPA-Prozesse designen
BPMNs können entweder hochgeladen oder von Grund auf neu erstellt werden. Die BPM-Flows bilden einerseits eine auditfähige Dokumentation und steuern zum anderen die integrierte BPM-Engine.
RPA-Workflow entwickeln
Jeder BPMN-Prozessschritt verweist auf einen Aktivitätsworkflow mit Tasks, die der RPA-Bot im Betrieb ausführen wird. Die Bot-Workflows werden im MuleSoft RPA Builder über ein no-code Drag-and-Drop-Verfahren mit vorgefertigten Aktionsschritten erstellt, die in einer umfassenden Toolbox hinterlegt sind.
Webinartipp | Erste Schritte mit MuleSoft RPA: RPA-Prozesse identifizieren
- Was ist ein Business-Prozess?
- Welche Prozesse eignen sich am besten zur Automatisierung?
- Mit welchen Methoden identifizieren Sie RPA-fähige Prozesse in Ihrem Unternehmen?
- Wie funktioniert Prozessbewertung mit MuleSoft RPA?
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