Unsere aktuelle Studie untersucht unterschiedliche E-Commerce-Entwicklungen in der Welt
Da die Verbraucher:innen in einer unsicheren Wirtschaftslage immer noch sehr stark auf ihr Budget achten, muss der Einzelhandel jetzt strategische Preisentscheidungen für die Zukunft treffen. Erholt sich die Wirtschaft oder nicht? Sollten Online-Händler eher optimistisch oder besorgt sein?
Die Wirtschaftsindikatoren zeigen immer noch in verschiedene Richtungen, und die Meldungen scheinen sich täglich zu widersprechen. Aber mit den weltweiten Zahlen unseres Shopping Index für das zweite Quartal 2023 wird die Lageeinschätzung etwas einfacher.
Zunächst die gute Nachricht: Das globale Wachstum der Online-Verkäufe ist im Aufwärtstrend. Doch in wichtigen Volkswirtschaften wie in Großbritannien oder den USA lahmt der E-Commerce. In den Vereinigten Staaten ist er sogar zum ersten Mal seit Einführung unseres Shopping Index im Jahr 2014 im Minus.
Einzelhandel kurbelt mit Rabattaktionen den Verkauf an
Der starke makroökonomische Gegenwind zwingt die Verbraucher:innen weltweit nach wie vor dazu, vorsichtig zu konsumieren und mehr zu sparen. Das dürfte sich auch auf die globalen Strategien im Einzelhandel für den Rest des Jahres 2023 auswirken. Die Hoffnung ist dabei, dass Teile Europas im zweiten Halbjahr endlich wieder in Schwung kommen.
Was aber veranlasst die Kundschaft, ihre Geldbörsen für den Online-Handel zu öffnen? Ganz einfach: Rabattaktionen. Nach unseren neuesten Untersuchungen sind die Verbraucher:innen angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheit mehr denn je auf der Suche nach einem guten Angebot. Und der Einzelhandel reagiert darauf: Im zweiten Quartal 2023 haben sich weltweit die Rabattsätze um 12 % gegenüber dem Vorjahr und um 19 % gegenüber 2021 erhöht.
Was bedeutet das für Ihre Verkaufsstrategie? Sehen Sie sich die wichtigsten Ergebnisse des Shopping Index für das zweite Quartal an:
Hoffnung auf eine Erholung in Teilen von Europa
Anfang 2022, zu Beginn des Krieges in der Ukraine, geriet Europa unter starken wirtschaftlichen Druck und für den Rest des Jahres verzeichnete die Region einen Rückgang im Online-Handel. Die massive Inflation, politische Konflikte und die coronabedingten hohen Vergleichswerte aus dem Vorjahr ließen die Verkaufszahlen vergangenes Jahr einbrechen.
Unsere Untersuchung für die erste Hälfte dieses Jahres deutet jedoch an, dass sich der europäische E-Commerce auf dem Weg zur Erholung befinden könnte. Die Zahlen des ersten Quartals zeigen, dass die Region insgesamt beginnt, sich wieder zu stabilisieren. Diese positive Entwicklung setzt sich im zweiten Quartal mit einem Zuwachs von 1 % weiter fort.
Für Deutschland ergibt der Shopping Index im 2. Quartal 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum erstmals wieder – nach vier Quartalen mit einem Minus – ein Wachstum des digitalen Handels um 3 %. Auch der Datenverkehr im Online-Handel legte um 2 % zu, während die Zahl der Bestellungen um 10 % zurückging. Die durchschnittlichen Ausgaben der Käufer:innen pro Besuch erhöhten sich von 3,70 auf 4,02 $ (global: 2,54 auf 2,77 $).
Dachverband bevh rechnet für 2023 mit 5 % Umsatzrückgang
Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) beurteilt die Entwicklung dagegen pessimistischer und stellt fest: „Die schlechte Konsumstimmung in Deutschland macht sich auch zur Jahresmitte im Online-Handel bemerkbar.“ Danach sanken gegenüber dem Vergleichsquartal 2022 die Online-Umsätze mit Waren (inkl. Mehrwertsteuer, nicht preisbereinigt) von Anfang April bis Ende Juni um 12,2 % auf 19,17 Mrd. €.
Auf das gesamte erste Halbjahr gesehen, liegen die bisher aufgelaufenen Umsätze zur Jahresmitte (Q1 + Q2) sogar rund 13,7 % unter dem Vergleichswert von 2022. Allerdings: Verglichen mit dem gesamten ersten Halbjahr 2019, also vor Ausbruch der Corona-Pandemie, schlägt weiterhin ein Plus von 14,7 % zu Buche. Der Verband rechnet für das Gesamtjahr mit einer „deutlichen Korrektur und einem Rückgang der Umsätze von mehr als 5 % im Vergleich zu 2022“. In den wesentlichen Warengruppen wachse der Druck, die Lager zu leeren, hinzu komme noch ein Rabatteffekt.
Weniger Rabatte in Großbritannien verschlechtern Performance
Das Vereinigte Königreich steht immer noch vor erheblichen wirtschaftlichen Herausforderungen und verzeichnete im E-Commerce laut unserem Shopping Index im 2. Quartal einen Umsatzrückgang von 3 % im Vergleich zum Vorjahr. Die Verbraucher:innen in Großbritannien erleben nach wie vor einen rasanten Anstieg der Inflation, auch wenn sich der Preisanstieg in anderen Regionen bereits wieder verlangsamt.
Trotz der schwächeren Umsätze hat der britische Einzelhandel in den letzten Monaten Rabatte zurückgefahren, um seine Gewinnspannen zu erhalten. So sind die durchschnittlichen Rabattsätze im Jahresvergleich um 12 % gesunken. Dies hat vermutlich zu der insgesamt schwächeren Performance gegenüber den EU-Ländern beigetragen.
Unser Ratschlag: Konzentrieren Sie Ihre Verkaufsstrategie in Europa auf den Aufbau von Kundentreue, indem Sie zeitnahe und personalisierte Werbeaktionen mit Sonderangeboten für Ihre Kund:innen anbieten.
USA: Höhere Preise für Konsumgüter sorgen für Umsatzrückgang
In den USA sorgten die Verbraucher:innen in den letzten beiden Jahren trotz hoher Inflation und wirtschaftlichen Herausforderungen weiter für ein positives Online-Wachstum im Einzelhandel. Doch im zweiten Quartal 2023 zeigten sich erste Risse im Fundament, denn die Digital-Verkäufe schrumpften um 1 %. Dieser Rückgang ist zwar gering, aber es ist das erste Mal, seit wir 2014 mit dem Shopping Index begonnen haben, dass das Online-Umsatzvolumen hinter dem des Vorjahres zurückbleibt. Nicht nur die Ausgaben waren rückläufig, sondern auch die Anzahl der Bestellungen lag um 4 % niedriger – der größte Rückgang in den letzten fünf Quartalen.
Der Umsatzeinbruch ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die Käufer:innen in den USA mit höheren Preisen für Konsumgüter konfrontiert sind. Während die Umsätze zurückgingen, stieg der durchschnittliche Bestellwert im Jahresvergleich um 3 % auf 124,45 $, und die Preise blieben trotz einer Erhöhung der Rabattsätze um 11 % hartnäckig hoch. Trotz der schrumpfenden Ausgaben ist der Online-Traffic weiter stark und im Jahresvergleich um 2 % gestiegen, da die Verbraucher:innen auf der Suche nach Schnäppchen sind.
Dennoch bleiben die Käufer:innen in den Vereinigten Staaten ihren bevorzugten Online-Marken und -Händlern treu. Obwohl die Bestellvolumina zurückgingen, verzeichnete der Einzelhandel einen Anstieg des Anteils der Online-Bestellungen, die von Wiederholungskäufern stammten. Dieser stieg im Vergleich zum Vorjahr um 5 % auf 39 % aller Bestellungen.
Unser Ratschlag: Der Einzelhandel sollte die Anstrengungen verdoppeln, um seinen treuen Kundenstamm zu halten, und sich dabei auf eine gezielte und personalisierte Rabattstrategie konzentrieren.
Im Marketing wird die Zahl der Werbebotschaften reduziert
Während die Verbraucher:innen mit schrumpfenden Geldbörsen konfrontiert sind, haben die Marketingverantwortlichen mit niedrigeren Budgets zu kämpfen. Der Inflationsdruck auf den Einzelhandel bedeutet, dass im Marketing mit weniger mehr erreicht werden muss. Viele Anbieter – so unsere Studie – haben beispielsweise die Anzahl der Marketingnachrichten in den E-Mail-Postfächern der Konsument:innen verringert.
Die Versandrate von Werbebotschaften stieg im zweiten Quartal dieses Jahres nur um 6 %, gegenüber einem Zuwachs 28 % im zweiten Quartal 2022. Am stärksten war die Verlangsamung der Frequenz beim E-Mail-Marketing, das nur noch um 3 % zunahm, verglichen mit einer Steigerungsrate von 21 % im gleichen Quartal 2022.
Zudem entfiel ein Großteil des Wachstums in diesem Quartal auf mobile Nachrichten, die im Jahresvergleich um 28 % zulegten. Dies deutet darauf hin, dass die Marketingverantwortlichen im Rahmen ihrer Verkaufsstrategie persönlicheren Formen der Kund:innenansprache den Vorrang einräumen.
Dennoch zeigen die Marketingbemühungen des Einzelhandels laut unserer Studie durchaus Wirkung. Trotz des reduzierten Nachrichtenversands blieb das Engagement der Verbraucher:innen hoch. Die Öffnungsrate von Werbe-E-Mails lag im Vergleich zum Vorquartal konstant bei 21 %. Auch die Klickrate ist mit 0,7 % unverändert. Dies bedeutet, das vermutlich auch für die zweite Hälfte des Jahres 2023 im E-Mail-Marketing der Satz „Viel hilft viel“ nicht unbedingt Gültigkeit besitzt.
Unser Ratschlag: Konzentrieren Sie sich auf relevante und zeitnahe Botschaften, die Ihren Kund:innen einen Mehrwert bieten. Und sprechen Sie sie über die Kanäle und Geräte an, die diese bevorzugen.
Wie sieht Ihre Verkaufsstrategie für die zweite Hälfte des Jahres 2023 aus?
Die Einzelhandelsbranche steht derzeit am Anfang eines sechsmonatigen Marathons. Vom Amazon Prime Day über den Schulanfang nach den Sommerferien bis hin zur Haupteinkaufszeit in der Weihnachtszeit gibt es viele Gelegenheiten, mit Ihren treuesten Kund:innen in Kontakt zu treten.
Die Ergebnisse des Amazon Prime Day im Jahr 2023 können ein Hinweis darauf sein, was auf uns in der nächsten Zeit zukommt. Danach werden die Kund:innen auf Schnäppchenjagd gehen und so lange mit dem Einkauf warten, bis sie wissen, dass sie ein gutes Angebot bekommen.
Unser Ratschlag: Konzentrieren Sie Ihre Verkaufsstrategie für den Rest des Jahres auf Werbeaktionen, Kund:innenbindung und den Aufbau von Beziehungen zu Ihren treuesten Käufer:innen.
Lesen Sie unsere Prognosen für das Weihnachtsgeschäft 2023, um mehr darüber zu erfahren, wie Sie die wichtigste Zeit des Jahres erfolgreich gestalten können.
Die Methodik
Der Shopping Index basiert auf den Daten der Salesforce-Plattform und verrät die Wahrheit über das digitale Einkaufen in aller Welt. Wir betrachten darin die letzten neun Quartale, um zu analysieren, wie sich das Verbraucherverhalten entwickelt und wie sich der Markt bewegt. Der Shopping Index untersucht die Aktivitäten und Online-Einkaufsstatistiken von mehr als 1,5 Milliarden einzeln Käufer:innen in über 61 Ländern. Diese Reihe von Benchmarks deckt sowohl die jüngste Geschichte als auch den aktuellen Stand des digitalen Einzelhandels ab.