„Mir war immer klar, dass ich wieder hierher zurückkommen möchte.“ Andreas Mazzone strahlt die Frühlingssonne ins Gesicht, Zermatt und das Matterhorn zeigen sich von der schönsten Seite. „Ich sag’ immer, dass wir hier 400 Sonnentage im Jahr haben“, lacht er.
Die Anziehungskraft Zermatts für Skifahrer:innen und Bergsteiger:innen ist legendär und nahm ihren Anfang mit der dramatischen Erstbesteigung des Matterhorns 1865. Schon 25 Jahre später konnten Alpinbegeisterte mit der Bahn ins Dorf gelangen. Heute ist „Der Berg der Berge“, wie er hier genannt wird, eines der meistfotografierten Motive der Schweiz und hat nichts von seiner Faszination verloren: In der vergangenen Saison 2020/2021 haben die Hoteliers und Ferienwohnungsanbieter 1,65 Millionen Übernachtungen gezählt – bei nicht einmal 6.000 Einheimischen.
Einer davon ist Andreas Mazzone. „Ich hatte eine gesegnete Kindheit hier im Ort und daher war es mir schon immer wichtig, später wieder hierherzukommen und der Region etwas zurückzugeben“, sagt er heute. Doch dazu musste er Zermatt zuerst verlassen. „Als erstes ging es für mich aufs Gymnasium in Brig, eine Stunde entfernt, dann zum Studium nach St. Gallen.“ Nach Stationen bei einer Strategieberatung und der Ausbildung zum Wirtschaftsprüfer zog es ihn eigentlich aber zuerst ins Ausland. „Ich war damals ungebunden und dachte, dass mein nächster Schritt eher in ein Finanzzentrum wie London geht, aber dann hat das Schicksal zugeschlagen und ich habe meine große Liebe kennengelernt, die – wie sollte es auch anders sein – aus Zermatt stammt.“ Seine Auswanderungspläne legte er also zugunsten der Jobsuche in der Heimat auf Eis. „Das Angebot hier in Zermatt ist natürlich nicht sehr breit, wir leben vom Tourismus.“ Eine Branche, in der Mazzone zu diesem Zeitpunkt noch keine Erfahrung hatte. „Ich habe in dieser Zeit viele Gespräche geführt, was ich mit meinen Fähigkeiten in der Region machen könnte und dann einen Tipp bekommen.“ Der Tipp war die Bonfire AG, ein Joint Venture der Zermatter Bergbahnen und des Tourismusvereins. Mazzone bewarb sich, stieg als Projektleiter ein und gerade einmal sechs Wochen später zum Geschäftsführer auf.
Digitaler Reiseassistent für individuelle Erlebnisse
Zermatt lebt (vom) Tourismus – ob Skifahren, Wandern oder Wellness, die Möglichkeiten sind zahlreich und die Gäst:innen haben die Qual der Wahl. Hier setzt die Bonfire AG an. „Wir wollen jedem Einzelnen individuell das bestmögliche Erlebnis bieten“, fasst Mazzone die Mission der Bonfire AG zusammen. „Für uns ist dabei das ‚individuell‘ entscheidend, denn dazu müssen wir unsere Besucher:innen besser kennenlernen und ihre Interessen und Vorlieben kennen. Viele dieser Daten liegen auch schon in der Destination Zermatt vor, beispielsweise durch Hotelübernachtungen oder Bergbahntickets.“ Der Knackpunkt dabei: „Zermatt ist im Grunde ein Multimillionen-Konzern mit 300 bis 400 CEOs“, erklärt Mazzone. Hotel- und Restaurantbetreiber:innen, Skischulen: Sie alle saßen bislang auf ihren eigenen Datenschätzen, doch erst die Vernetzung dieser einzelnen Informationen bietet der Region den entscheidenden Mehrwert und ermöglicht wirklich individuelle Erlebnisse für Tourist:innen.
„Einen potenziellen Gast sprechen wir beispielsweise via Social-Media-Anzeigen an, über die er direkt mit uns chatten und beispielsweise nach den aktuellen Bedingungen oder den Wetteraussichten fragen kann“, erklärt Mazzone. Bucht er dann im nächsten Schritt über die Website der Destination eine Hotelübernachtung, erhält er vor der Anreise eine Willkommens-Mail mit allen wichtigen Informationen für seinen Aufenthalt und die Empfehlung, die Matterhorn App herunterzuladen. „Diese App wird für ihn zum digitalen Reiseassistenten während seines Aufenthaltes. Hier kann er seinen Urlaub zentral steuern, Skipässe buchen und hat immer alles im Blick.“ Außerdem bietet die App Wissenswertes zum Ort, Webcams, den Busfahrplan und einen Veranstaltungskalender. Das Einverständnis des Gastes vorausgesetzt, laufen die Daten aus all diesen Touchpoints in Echtzeit in ein digitales Profil. „Wenn dieser Gast uns dann im Tourismusbüro besucht und uns seinen Namen nennt, sehen wir aufgrund des vorangegangenen Chats seine Interessen und können ihm proaktiv passende Tipps geben, zum Beispiel, wo er aktuell die besten Bedingungen für Skitouren findet.“ Datensicherheit und Datenschutz spielen dabei eine gewichtige Rolle: „Wir achten selbstverständlich auf alle nationalen und internationalen Datenschutzgesetze“, erklärt Mazzone.
Marktplatz: Das Herzstück der App
Möglich macht diese Customer Journey die smarte Vernetzung aus der Service Cloud, Marketing Cloud und der Commerce Cloud von Salesforce. Der nächste Schritt in der Digitalisierungsreise der Destination ist bereits geplant, ein Marktplatz in der App soll verschiedenste Angebote des „Produkts“ Zermatt zusammenführen und Hotelbuchungen und Restaurantreservierungen möglich machen. „Das Herzstück hinter diesem Marktplatz ist die Integration über Mulesoft“, erklärt Mazzone. „Denn für diesen ist entscheidend, dass wir in Echtzeit Preise für Skipässe und die Verfügbarkeit von Hotelzimmern anzeigen können – und vor allem letztere werden ja häufig auf vielen Plattformen gleichzeitig angeboten. Mit Mulesoft sind die Daten auf unserem Marktplatz immer aktuell und es kommt zu keinen doppelten Buchungen.“
Für die Region soll die App so zum wirtschaftlichen Faktor werden: Jedes Jahr zahlen Hoteliers und Co. einen zweistelligen Millionenbetrag an Kommissionen an Buchungsplattformen. „Das ist Geld, das aus der Destination abfließt. Mit unserem Marktplatz können wir dafür sorgen, dass sich das in Zukunft ändert. Unser Anspruch kann dabei natürlich nicht sein, diese Plattformen komplett ersetzen zu können, aber als Mindestziel sollen unsere Gäst:innen spätestens beim zweiten Besuch schon vor dem Buchen zu uns in die App und auf den Marktplatz schauen.“
Doch wie passt das Smartphone als Reiseassistent mit dem Ideal eines entschleunigten Urlaubs in den Bergen zusammen? „Diese Frage bekommen wir tatsächlich des Öfteren gestellt. Wichtig ist dabei, dass man natürlich nach wie vor auch einfach sein Handy zuhause lassen kann, wenn man hierher kommt, um Urlaub zu machen. Wir machen unseren Gäst:innen also ein Angebot, aber ob sie dieses annehmen, entscheiden sie ganz alleine. Und natürlich ist Tourismus ein People’s Business und wird es immer bleiben. Das wollen wir auch gar nicht ändern.“ Vor allem die jüngeren Generationen erwarteten eine vernetzte und personalisierte Experience, wenn sie Urlaub machen. „Unser übergeordnetes Ziel bleibt aber für alle Besucher:innen gleich: dass sie bei uns ihre beste Zeit haben.“
Fotografie: Denis Pernath Photography